Kantorin Maria Scharwieß
Ich erhielt, 10 Jahre alt, ersten Klavier- und Orgelunterricht und spielte seit dem 14. Lebensjahr regelmäßig im Krankenhaus-Gottesdienst. Während der Gymnasiumszeit machte ich das nebenamtliche Kirchenmusik-Examen und spielte danach 10 Jahre hauptberuflich in einer Band, davon ca. 8 Jahre in Norwegen.

1976 Rückkehr nach Berlin, hauptamtliches Studium der Kirchenmusik an der Spandauer Kirchenmusikschule, 1979 Examen und seit dem 1. September 1979 bin ich angestellt bei der Evangelischen Nathanael-Kirchengemeinde, von 1999 bis 2007 Kreiskantorin in Schöneberg.

Seit über 36 Jahren spiele ich regelmässige Orgelmusiken, meist Improvisationen, auch über Jazz-, Rock-, Pop-, Gospel-Themen, auch über internationale Volksweisen.

Hier eine Zuhörerreaktion:

Jetzt erklingt über dem gemessenen Schrittmuster im Basspedal eine fröhlich springende Melodie, bald auf einem der drei Orgelmanuale intoniert, bald auf dem Keyboard. Trotz dieser verschiedenen Spielebenen ergibt sich ein sehr lebendiger Klang, der in der Fantasie stets eine swingende Gemeinde in Harlem suggeriert. 

 

"Rock my soul" ist ein Gospel aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, vielfach gecovert von Louis Armstrong und Nana Mouskouri bis zu Elvis Presley. Eine langsam sich wiegende Melodie, die wirklich die Seele bewegt. Über dem ruhigen Grundmuster des Pedals greift Maria Scharwieß kräftig in die Tasten. Die Orgel hat jetzt einen Sound wie eine der amerikanischen Hammond- Kinoorgeln. 

 

Es folgt das unvergleichliche "Oh happy day", ein 1969 von den Edwin Hawkins Singers veröffentlichter Gospel-Song. Das ist nun ein Traditional vom Feinsten. Am liebsten möchte man aufstehen, sich an der Einfassung der Emporenbrüstung festhalten und einfach im Stehen den Rhythmus der nun etwas breiter ausgreifenden Orgel aufnehmen. Deren Klang ist phasenweise schon als fetzig zu bezeichnen. Immer erneut tritt die vertraute Weise zum Vorbeimarsch an. 

 

Dann ein Stück für Keyboard solo, die Jazz-Komposition "Mercy, mercy,mercy". Die Grundmelodie spielte Joe Zawinul 1966 auf einem Wurlitzer E-Piano. Ein verhaltenes Schrittmass, die Finger der Organistin intonieren zunächst nur diese Grundmelodie, wieder ein durchaus vertrautes Motiv, das dann mit bestem Jazzfeeling variiert und akzentuiert wird. 

"Walk on the Wild side" , komponiert von Lou Reed 1972, nun wieder auf der Orgel, die gleichfalls das Swingen und die jazzigen Glissandi beherrscht. Die exakt und taktfest markierten Schritte werden sehr genau gesetzt. Und wieder wandert die rechte Hand der Organistin vom Manual zum rechtwinklig aufgestellten Keyboard, und über lange ausgehaltenen Grundtönen flattern die Paraphrasen einer raffiniert erzeugten Variationenreihe, die regelrechte Toncluster einschliesst. Rhythmisch aufgeblendete Akkorde wie thriumphierende Rufe schliessen das Ganze ab. 

 

Ein altes Spiritual ist "Swing low, sweet chariot" von 1909. Es tönt wie gemeinsamer Gesang, mit dem naiven Charme einer Melodie, die mühelos eine ganze Gemeinde um sich versammeln kann, heiteren Sinn und andächtige Stimmung verbindend.

 

Ein Gospel aus den sechziger oder siebziger Jahren schliesst sich an. Leider sind die Erläuterungen der Organistin trotz Mikrofon und Verstärker kaum zu verstehen, weshalb der Hörer bei der Interpretation auf seine Fantasie angewiesen bleibt. Das Stück ist wieder eine balladeske Erzählung, zunächst im Thema, dann in freier Wahl der Klangfarbe und Tonhöhe variiert. 

 

Dann wieder ein Stück fürs Keyboard, ein zügiges Schrittempo, poppig glitzernd und mit fröhlichen Synkopen versehen.

 

Darauf der Titelsong aus dem Film "In der Hitze der Nacht", 1967 von Quincy Jones komponiert und dann von Ray Charles gesungen, jetzt mit dem vollen, dunkel unterlegten Klang der Orgelpfeifen angereichert. Die Organistin spielt dieses ganze Programm übrigens auswendig, schüttelt es sozusagen aus dem Handgelenk. Die Orgel hat unter den  Händen von Maria Scharwieß rasch amerikanisches Englisch gelernt und demonstriert den überseeischen Gemeindegesang  sehr überzeugend. 

 

Zum Schluss gibt es einen Beatles-Song: "All you need is love" in herrlich breiter Artikulation. Dieser immer wieder mitreissende Glaubensartikel, der ohne Schwierigkeiten breiteste Akzeptanz findet, entfaltet im volltönenden Orgelplenum einen ganz besonderen Reiz und ist genau der richtige Begleiter für den Heimweg. 

 

Video-Beispiele in YouTube:

All you need is love: https://www.youtube.com/watch?v=hxeCfsGmcVc

Walk on the wild side: https://www.youtube.com/watch?v=y-5tAff987Y

Improvisation über: Wachet auf, ruft uns die Stimme:

https://www.youtube.com/watch?v=OteyT1QN2hU

 

Übersichtslink über fast 300 Videos auf YouTube:

https://www.youtube.com/user/Parallelfuge